Als ich als Teenager mein erstes Girokonto bei der Sparkasse eröffnete, war ich ganz aufgeregt. Ähnlich ging es mir jetzt. Bei einem Aufenthalt in New York im vergangenen Oktober marschierte ich in eine Chase Filiale an der Wall Street. Ich folgte der einstimmigen Empfehlung meines Freundeskreises.
Zu Eröffnung eines Checking Accounts (Girokonto) benötigte ich lediglich einen Ausweis (z.B. Green Card), ca. $100 Startguthaben und meine Social Security Number, die ich nur wenige Minuten zuvor wie folgt beantragt hatte:
- Hier kann man per Postleitzahl das nächstgelegene SSN Büro ausfindig machen.
- Zum Antrag benötigt man zwei der vier folgenden Unterlagen:
- Green Card oder anderes Visum (Arbeitserlaubnis)
- Geburtsurkunde
- Steuernummer (falls vorhanden)
- Department of Homeland Security Dokument (I-551, I-94, I-766)
- Die SSN wird einem innerhalb von ca. zwei Wochen an eine amerikanische Adresse geschickt. Falls man noch keinen Wohnsitz in den USA hat, gibt man die Visums-/Green Card-Adresse an.
Meine Bankberaterin hatte noch nie zuvor jemandem ohne amerikanischen Wohnsitz ein Konto eröffnet, aber ein bisschen Smalltalk führte dazu, dass sie mich nicht direkt wieder wegschickte, sondern ihren Manager zu Rate zog und viele Kopien und Unterschriften später, stolz ein Bankkonto für mich einrichtete.
Wer für ein Reiseunternehmen arbeitet, reist viel. Und redet pausenlos über Meilen. Von meinen Kollegen hatte ich von der United Airlines Kreditkarte gehört. Genau diese schwebte mir auch vor und sollte mir möglichst viele Star Alliance Flüge nach Europa subventionieren. Ich stellte also einen Antrag bei United und wartete darauf, dass die ersehnte Plastikkarte in meinem Briefkasten landete. Äußerst naiv. Statt der Kreditkarte erhielt ich eine Absage, da ich keine Credit History vorwies. Ohne Credit History keine Kreditkarte – ohne Kreditkarte keine Credit History. Ich fühlte mich wie der Teenager mit dem Kindergirokonto bei der Sparkasse.
Obwohl ich weder beabsichtigte ein Auto zu kaufen – dafür gab es ja schließlich Car und Ridesharing Services wie Turo und Lyft – noch ein Haus; das würde ich mir in San Francisco wohl nie leisten können und lohnte sich aufgrund des Erdbebenrisikos sowieso nicht, wollte ich diese verdammte Kreditkarte haben. Wegen der Meilen.
Meine hilfsbereiten Kollegen lachten mich aus, gaben mir aber gut gemeinte Tipps und boten an, bei teuren Anschaffungen, z.B. einer Matratze oder einem Fernseher (brauch ich nicht, hab ja einen Beamer) für mich zu bürgen.
Aber so schnell ließ ich mich nicht unterkriegen. Ich druckte meinen Offer Letter (jederzeit widerrufbarer Arbeitsvertrag) und meine letzten Gehaltschecks aus, die hier in den USA im Zweiwochentakt ausgegeben werden, und stapfte mit meiner Green Card zur nächsten Chase Filiale. Zum Glück traf ich erneut auf einen freundlichen Angestellten, der innerhalb von zwei Stunden alles in Bewegung setzte, um mir doch eine richtige Kreditkarte zu besorgen.
Zunächst eröffnete ich einen Savings Account (Sparkonto) und erhielt auch gleich das Premium Upgrade, da ihn mein Offer Letter anscheinend ausreichend beeindruckte.
Auch die True Story, dass ich meine Green Card in der Diversity Lottery gewonnen hatte, stieß auf offene Ohren. Amis lieben Small Talk und Glück. Mitleidig hörte er sich die Story meiner abgelehnten United Airlines Kreditkarte an. Er griff zum Hörer und verhandelte mit dem Back Office. Und siehe da, ich sollte eine richtige Kreditkarte erhalten – mit immerhin 3.000 Dollar Limit. Er versprach außerdem, wenn ich brav wäre und meine Ausgaben regelmäßig ausgleiche, im Sommer das Limit zu erhöhen und die United Airlines Kreditkarte für mich anzufragen.
Ich versprach ihm schnellstmöglich mein ganzes Vermögen von Deutschland auf mein amerikanisches Chase Premium Konto zu überweisen und fleißig die neue Kreditkarte einzusetzen.
Folgendes Verhalten führt zu einer guten Credit History:
1. Daumenregel: Maximal ein Drittel des Limits sollte regelmäßig per Kreditkarte ausgereizt werden. Wird der Betrag regelmäßig zurückgezahlt, sammelt man Pluspunkte.
2. Je mehr Kreditkarten man gleichzeitig bedient und ordentlich führt, desto mehr Punkte sammelt man.
3. Jeder (erfolglose) Kreditkartenantrag kostet Punkte.
Um sich selbst zu tracken, kann man sich kostenlos bei Credit Karma anmelden und spielerisch an seiner Credit History arbeiten.
Mittlerweile zähle ich selbst zu den zufriedenen Chase Kunden und zücke unentwegt meine Kreditkarte – die perfekte Alternative zu Bargeld.
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