Comedy und Medien

Eine der ersten Maßnahmen nach meinem Umzug in die USA war der Wechsel von deutschen zu amerikanischen Medien. Schließlich wollte ich in meine neue Welt eintauchen und sie verstehen. Was in Deutschland passiert, verrät ein kurzer Blick auf Shahak Shapiras Twitter Account oder fasst mir mein Vater beim wöchentlichen Anruf kurz zusammen.

Mit gesundem Menschenverstand bleibt einem bei Nachrichten nur CNN – the most trusted name in news. Aber Vorsicht: Schnell befindet man sich in einer äußerst Trump kritischen Blase. Auch wenn ich sowohl den Journalisten als auch den eingeladenen Panelisten – außer dem token Trumpverteidiger in der Runde – ausnahmslos zustimme, so ganz objektiv geht es hier auch nicht zu. Jeder Fehltritt Trumps – und davon gibt es mehr als genug – wird genüßlich seziert, begutachtet und 36 mal rumgedreht und jeder Gesichtsausdruck Robert Müllers, Special Prosecuter in der Russlandaffaire, wird stundenlang von Panelisten gedeutet. Zwischendurch wird von Tom Steyer für Trumps Impeachment geworben. Wem die Politik auf die Nerven geht, der kann zu Anthony Bourdains Kochshow Parts Unknown umschalten.

Die besten Online- (früher auch bekannt als Print-) Medien sind die gute alte New York Times und die Washington Post – auch nach Übernahme durch Amazon Chef Jeff Bezos. Mit junger, frischen Stimme beleuchtet Vice das Alltagsgeschehen oder berichtet in Reportagen über Obdachlosigkeit, Gun Control etc. Um morgens schnell auf den neuesten Stand zu kommen, lohnt sich der Newsletter The Skimm. Nachrichten werden hier knackig formuliert und bei Bedarf gut erklärt. Chapeau an die Gründerinnen. Den selben Content gibt es auch abends im Podcastformat. Etwas ausführlichere Informationen findet man bei Pod Save America. Die Autoren stammen aus Obamas Team und machen daraus keinen Hehl.

Die wahren Helden sind jedoch die Komiker, die in Zeiten Trumps keine mehr sein dürfen. Danke, Trevor Noah, Seth Meyers, Hasan Minaj, und Alec Baldwin als Trump bei Saturday Night Live, dafür, dass ihr mir aus der Seele sprecht und mich zum Lachen bringt, wenn ich eigentlich vor Wut schreien mag. Besonderer Dank an den Erklärbar John Oliver, dass Du uns auch komplexe Themen wie Kryptowährungen erklärst.

2018: Aktuelle Trends im Silicon Valley

Das sind die Trends in 2018:

Ich habe Deutsche, die in San Francisco und im Silicon Valley arbeiten, zu den aktuellen Trends befragt:

Lea-Bauer-Udemy-1063x780Lea Bauer, Head of DACH, Udemy

Krypto-Boom: In unserer Snack Küche – obligatorisch zu finden in jedem Start-Up in San Francisco – fallen momentan häufig die Wörter ICO, KYC, und FUD. Die Abkürzungen, die für Initial Coin Offering, Know Your Customer und “Fear, Uncertainty, Doubt” stehen, zeichnen den Sprecher als bewandert aus in der Welt der Kryptowährungen. Denn das Valley ist vom Krypto-Wahn erfasst. Nicht nur verkaufen sich Krypto-Kurse auf unserer E-Learning Plattform wie geschnitten Brot – auch ein guter Teil der Valley Bewohner investiert sein Erspartes in Projekte, die Blockchain Technologie verwenden und allein dadurch schon unvorstellbare Reichtümer verheißen. Man spricht hier vom zweiten Gold Rush. Sehr passend, denn auch hier verdienen hauptsächlich Service Provider, die die Schaufeln zum Glück anbieten. Leute wie Michael Suppo, die täglich Youtube-Videos produzieren, in denen sie Investitionstipps geben, und Plattformen wie Coinbase, die US-Dollar in Kryptowährungen umwandeln und regelmässig unter dem Ansturm ihrer Kunden zusammenbrechen.

Außer Reichtümern verspricht die Blockchain-Technologie auch Lösungen für extrem komplexe Probleme in Bereichen wie Identitätsmanagement, Künstlicher Intelligenz und Energiedistribution. Auch deshalb ist trotz des Abkühlens des Marktes in den letzten Wochen der Enthusiasmus hier ungebrochen. Blockchain ist eben vielleicht doch mehr als eine weitere Verheißung, der die ewigen Glücksritter der Bay Areas hinterhereilen.

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BennoBenno Heidger, Business Development bei Airbnb:

Sprachsuche: Rechtzeitig zur Weihnachtspause in der Heimat habe ich mir Apples neue AirPods zugelegt. Bei meinen Läufen am Rhein wurde ich von nun an das ein oder andere Mal wie ein Außerirdischer mit weißen Knöpfen im Ohr angeschaut. Dies ist vor allem nachvollziehbar, wenn man aus dem Nichts anfängt mit den Kopfhörern und Siri zu sprechen – „Next Song!“. In zwei Wochen in der Heimat habe ich kein weiteres Paar der neuen Apple Kopfhörer gesichtet.

Anfang Januar ging es dann zurück nach San Francisco und ich durfte feststellen, dass ich doch nicht so alleine mit meinem neuen Tech-Accessoire dastehe. Inzwischen sind mir im Büro sicherlich 50-100 meiner Kollegen mit den neuen, smarten Kopfhörern begegnet und teilweise werden diese nicht einmal mehr in Meetings abgelegt. In ein oder zwei Jahren wird dies auch in der Heimat völlig normal sein. „Guten Tag, Siri.“

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LIsa

Lisa Grobien, Head of Americas bei conichi:

Raw Water: Der neueste Trend im Silicon Valley ist Wasser. Regelmäßiger Sport und gute Gesundheit stehen neben einem Beruf “in Tech” ganz oben auf der Liste eines modernen Bucht-Bewohners. Der neueste Hype, Raw Water, bringt jedoch sogar die New York Times zum philosophieren. Raw Water hat es hoffentlich noch nicht bis nach Deutschland geschafft, denn es handelt sich hierbei lediglich um ungefiltertes und unbehandeltes Quellwasser für recht viel Geld. Das in Glasflaschen abgefüllte Wasser gibt es aktuell für umgerechnet ca. 5€ pro Liter in San Franciscos Supermärkten – wenn es nicht gerade ausverkauft ist – und spaltet unsere Gesellschaft.

Die Einen schwören auf das ablaufende lebendige Wasser, während die Anderen empört über die Kritik an ihrem geliebten Leitungswasser aus dem Yosemite Reservoir names Hetch Hetchy sind. So richtig gesund ist der Konsum wahrscheinlich nicht, aber es ist ein Paradebeispiel für exzellentes Marketing aus dem Valley. Influencer trinken und posten, Entrepreneurs gründen, VCs investieren und schon ist ein neuer Markt geschaffen. What’s next?

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Mike

Mike Mahlkow, Growth bei Stripe

Marktplätze: Elon Musk sagt, dass Facebook sich mithilfe von Netzwerkeffekten ein quasi unangreifbares Geschäft aufgebaut hat, Ubers astronomisch hohe Bewertung wird zu einem maßgeblichen Teil auf Netzwerkeffekte zurückgeführt und Plattformen sind immer noch hoch im Kurs im Silicon Valley. Obwohl der Trend zu Marktplätzen und Plattformen kein neuer ist, haben es wenige Unternehmen außerhalb der Bay Area geschafft, signifikanten globalen Erfolg mit dem Geschäftsmodell zu haben. Darüber hinaus wird das Phänomen an sich immer noch unzureichend verstanden.

Ein Unternehmen weist dann Netzwerkeffekte auf, wenn es ein Produkt anbietet, dessen Wert mit der Anzahl der Nutzer steigt. Ein Sammelbegriff, der oft für Unternehmen mit Netzwerkeffekten benutzt wird ist “Plattform”.  

Ein Beispiel: Wenn Ikea einen Schrank verkauft, stiftet er dem Käufer nicht mehr Nutzen, wenn 10.000 andere Leute auch diesen Schrank besitzen. Der Nutzen des Schrankes für einen Käufer ist nur sehr gering mit der Anzahl an verkauften Schränken verbunden. Bei Facebook, einer Plattform mit enormen Netzwerkeffekten, ist dies anders. Wenn Facebook beispielsweise nur ein paar hundert Nutzer hätte, wäre es für den Einzelnen weniger wertstiftend als wenn man fast ein Siebtel der Menschheit via Facebook erreichen kann. Ein neuer Nutzer, der sich heute auf Facebook anmeldet, stiftet allen anderen Facebook-Nutzern zusätzlichen Wert, weil er ein weiterer potenzieller Kontakt ist, mit dem man sich austauschen kann.

Fest steht, dass Netzwerkeffekte hoch im Kurs sind und momentan mit dem Fokus auf dezentrale Netzwerke in die nächste Evolutionsstufe gehen.

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27946878_10215177857300382_81641407_o.jpgKristina Traeger, Software-Entwicklerin bei kristinawritesco.de

Mindfulness: Als ich vor vier Jahren ins Silicon Valley auswanderte, hätte ich nie gedacht, dass die Kunst der Achtsamkeit, mit dir, deinem Körper und deiner Umgebung, einmal mein Brennstoff für Kreativität und Leistungsfähigkeit sein würde. Wie für Viele im Silicon Valley gehören Meditation und weitere Übungen zur positiven Bewusstseinsänderung zu meiner täglichen Routine. Die Nutzung der App “Headspace” und ein Besuch von Veranstaltungen wie die ständig ausverkaufte “Sound Healing Symphonie” sind beliebte Mindfulness-Aktivitäten in der Bay Area. Bei großen Tech-Unternehmen wie Google, Twitter und Facebook wird während der Arbeitszeit meditiert.

Studien zeigen, dass schon nach zwei Monaten Mindfulness-Training Stresslevel erheblich sinken, Kreativität gefördert wird und die Fähigkeit gesteigert wird, sich auf das was vor einem liegt (z.B. Aufgaben bei der Arbeit) besser zu konzentrieren zu können. Vorbei sind die Zeiten in denen “Hustling” – permanentes hart Arbeiten – als der Weg zum Erfolg angesehen wurde.

Erfolg an sich hat eine neue Bedeutung – mehr und mehr CEO’s fragen sich Was tut meine App wirklich? Tut sie Gutes in der Welt oder bindet sie den Menschen nur noch mehr ans Smartphone? Es gibt Stories von Unternehmern, die nach dem vermeintlich erfolgreichen IPO plötzlich nicht mehr zufrieden sind.

Das Retreat-Center Esalen ist ein Ort, an dem Influencer an Programmen wie “Connect To Your Inner-net” teilnehmen. Technologie hat viel getan, um Menschen miteinander zu verbinden, nur haben wir bisher außer Acht gelassen, uns zuerst mit uns selbst zu verbinden. Sich selbst finden, um dann der Menschheit zu helfen, erinnert ein bisschen an die Sicherheitsanweisungen im Flieger “Setzen Sie sich zuerst die Sauerstoffmaske auf bevor sie anderen helfen” – da ist was dran!

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Haunold-500x500Nicolas Haunold, Software Engineer bei Airbnb

Work-Life-Balance: Burnout und Work-Life Balance sind Begriffe, von denen ich nicht gedacht hätte, dass sie in der Zukunft jemals eine Rolle für mich spielen würden. Mit meinem Umzug nach San Francisco und Einblick ins das Arbeitsklima wurde jedoch schnell klar, dass hier nicht für einen gesorgt wird, sondern auf die Verantwortung und Vernunft der Person selbst gesetzt wird. Woher soll man die Einsicht nehmen, wenn sie einem nie gelehrt wird?

Zu oft verfolge ich es, wie viele jüngere Kollegen — frische Absolventen amerikanischer Universitäten — ihren Lebensstil aus der Prüfungszeit direkt in die ersten Berufserfahrungen übernehmen. Es zeigt sich Elan und Motivation im Team — man ist auf einer Mission: “we are all in this together”, die Zeit im Büro geht jenseits der zwölf Stunden. Freizeitaktivitäten, soziale Kontakte und Gesundheit werden im Augenzwinkern irrelevant. Eine Konstante bleibt: die Arbeit.

Es ist zu leicht, in diesen Rhythmus zu verfallen — viele Arbeitgeber machen dies dementsprechend attraktiv. Essen? Gratis im Büro — Frühstück, Mittag- und Abendessen. Gym? Im Büro, zweiter Stock. Die Wohnung, trotz teurer Miete, wird zur temporären Schlafstätte ohne Bedeutung.

Erst nach Wochen fehlender Motivation wird einem meistens die Hauptursache klar. Wenn der Arbeitstag wieder regulär 9-5 wird und jegliche Gedanken zum Job dann enden, merkt man, dass noch Zeit für Hobbies und Freude existiert. Aber auch das Leben innerhalb der Arbeit verbessert sich — die Fähigkeit sich zu konzentrieren steigt, in wenigen Stunden kann man mehr bedeutungsvolle Arbeit vollenden.

Leider wird dieses Thema immer noch zu oft als Tabu angesehen. Speziell bei Einsteigern in die Berufswelt wäre mehr Achtsamkeit und Hilfe gewünscht — man muss sich über die eigenen körperlichen und geistigen Grenzen bewusst sein, bevor es zu spät ist.

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Kati Schmidt, Consultant bei Bi-Coastal Affairs:

Zukunft der Arbeit: Aufgrund der Automatisierung und der Verlagerung von Vollzeitjobs zu Gigs machen sich Gesetzgeber weltweit Gedanken zur Zukunft der Arbeit und der Kranken-, Sozial und Rentenversicherung der Minijobber. Beispiele sind virtuelle Assistenten, Fahrer von Uber und anderen Lieferdiensten, die langfristig von selbstfahrenden Autos ersetzt werden können, und Maschinen, die menschliche Arbeit beispielsweise in der Pflege oder im Gesundheitswesen unterstützen und potenziell ersetzen können. Automatisierung gehört allerdings zum gesellschaftlichen Fortschritt dazu und ist auch kein neues Phänomen, wenn man an die Industrialisierung und die Digitalisierung denkt, die widerum auch viele neue Arbeitsmöglichkeiten geschaffen haben. Statt sich gegen künstliche Intelligenz und Automatisierung zu wehren, sollte auf zeitgemäße, transportable Formen der Kranken-, Sozial und Rentenversicherung hingearbeitet werden.

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