Hauptsache gesund: Die richtige Krankenversicherung wählen

Gastbeitrag von Claus Kaufmann

Die Tarife

Die Krankenversicherung wird in der Regel durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt und gehört zum sogenannten Benefits-Paket, also dem Paket an Leistungen, das ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern zusätzlich zum eigentlichen Gehalt anbietet. In der Regel bezahlt der Arbeitgeber die Beiträge für einen Basistarif und bietet dem Arbeitnehmer die Möglichkeit andere, bessere Tarife oder z.B. eine Familienversicherung gegen Aufpreis zu wählen. Fällt ein Aufpreis an, wird dieser direkt von Bruttolohn einbehalten.

Bei der Auswahl des Tarifs, müssen Arbeitnehmer sich zwischen der freien Arztwahl („Preferred Provider Organization“, PPO Tarif) oder einem festen Hausarzt „Health Maintenance Organization“, HMO) entscheiden. Einige HMO-Anbieter betreiben gleichzeitig eigene Gesundheitszentren und Krankenhäuser (z.B. https://www.kaiserpermanente.org/), so dass man dort Krankenversicherung und ärztliche Behandlung aus einer Hand bekommt. Man ist dann zwar auf diesen Anbieter festgelegt, spart sich aber lästigen Ärger mit der Krankenversicherung wegen falscher oder nicht erfolgter Abrechnungen. Bei allen HMO-Tarifen, muss man in der Regel auch zuerst zum Hausarzt bevor man einen Spezialisten aufsuchen kann. Der HMO Tarif ist dadurch weniger flexibel, aber erschwinglicher.

Doch auch bei PPO Tarifen sollte man einen Blick auf das im Tarif enthaltene Netzwerk von Ärzten werfen. Denn während einige Provider sehr große Netzwerke mit vielen Ärzten anbieten, haben andere PPO-Tarife nur ein kleines Netzwerk und der Vorteil der zusätzlichen Flexibilität eines PPO-Tarifs geht weitgehend verloren. Auch regionale Faktoren können bei der Auswahl des passenden Netzwerkes eine Rolle spielen, denn manche Anbieter haben in bestimmten Regionen ein sehr dichtes Netz an zugehörigen Ärzten, sind aber in anderen Regionen nur schwach vertreten. Ob ein Arzt zum Netzwerk eines bestimmten Anbieters bzw. Tarifs gehört, kann man auf der Website der Krankenversicherung recherchieren. Ist der gewünschte Arzt nicht im Netzwerk enthalten, erstattet der Krankenversicherer zwar in der Regel trotzdem mindestens einen Teil der Kosten, die Beträge, die man als Patient selbst tragen muss, können aber beträchtlich ansteigen.

Die weiteren Kosten

Neben den Kosten für den monatlichen Beitrag hat man bei den allermeisten Tarifen auch eine Selbstbeteiligung an den anfallenden Arztkosten. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede und die tatsächlichen Kosten der Tarife sind nicht immer leicht zu durchschauen. Die wichtigsten Beträge die man bei der Auswahl im Auge behalten sollte sind:

  • Deductible: Das ist der Betrag, den man selbst bezahlen muss, bevor die Krankenversicherung überhaupt Kosten übernimmt. Bei manchen Tarifen entfällt dieser Selbstbehalt komplett oder für zumindest bestimmte Behandlungen wie z.B. dem Besuch beim Hausarzt („deductible waived“).
  • Office Visit: Das ist der Betrag, den man bei einem „normalen“ Arztbesuch (nicht im Krankenhaus) bezahlen muss. Dabei gibt es zwei Varianten zur Berechnung des Betrags: Fixer Betrag oder Prozentsatz der tatsächlichen Kosten. Der Fixbetrag liegt aktuell bei guten Tarifen zwischen $10 und $30 Dollar, ein prozentualer Anteil schwankt je nach Tarif meistens zwischen 10%-30%. Da die Kosten selbst für einen einfachen Arztbesuch i.d.R. höher sind als $300, ist ein Fixbetrag fast immer günstiger.
  • Impatient Co-pay: Das ist das Gegenstück zum „Office Visit“ für den Fall, dass einmal eine stationäre Behandlung im Krankenhaus notwendig wird. Im Gegensatz zum Arztbesuch gibt es aber bei der Selbstbeteiligung an den Krankenhauskosten meistens keine Fixbeträge sondern nur eine prozentuale Beteiligung.
  • Sonstige Kosten (wie. z.B. Notaufnahme, Röntgen, Laborleistungen …) unterscheiden sich ebenfalls zwischen den Tarifen. Hier empfiehlt sich ein Blick auf die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Leistungsübersicht.
  • Out-of-pocket-Max: Das ist die maximale jährliche Selbstbeteiligung. Also die Notbremse, damit die Arztkosten nicht ins Unermessliche steigen. Erreicht man in einem Jahr das Out-of-Pocket-Max, übernimmt die Versicherung 100% der weiteren Kosten.

Geldsparen mit FSA oder HSA

Um die Belastung durch Arztkosten zu reduzieren, gibt es bei den meisten Arbeitgebern die Möglichkeit einen Flexible Spending Account („FSA“) zu eröffnen. Bei einem FSA handelt es sich um ein Konto, auf das man Geld aus dem Bruttogehalt einzahlen kann (also nicht versteuern muss), welches man dann z.B. für Arztkosten verwenden kann. Wenn man sich für einen FSA entscheidet, sollte man sich aber mit den genauen Regeln des FSA vertraut machen, denn nicht immer kann angespartes, aber nicht verbrauchtes Geld ins nächste Kalenderjahr übertragen werden. Einige Krankenversicherungstarife erlauben auch die Eröffnung eine Health Savings Accounts („HSA“). Dabei handelt es sich um ein ähnliches Konto wie ein FSA, allerdings gelten hier andere Regeln für die Einzahlung der Beiträge (z.B. kann auch der Arbeitgeber direkt Beiträge leisten) und bezüglich der Übertragung von Guthaben ins nächste Jahr.

Sonstige Versicherungen

Besuche beim Augenarzt, Zahnarzt und Auslandskrankenversicherungen müssen separat versichert werden und sind in der Regel ebenfalls durch den Arbeitgeber abgedeckt. Auch hier sollte man aber noch einmal nachfragen, denn gerade in Bezug auf Auslandskrankenversicherung bestehen unter Umständen Versicherungslücken, die recht teuer werden können.

Tipps zur Auswahl des richtigen Tarifs:

  1. Brauche ich die flexible freie Arztwahl eines PPO Tarifs oder ist ein HMO Tarif für mich das richtige?
  2. Welcher Tarif hat das für mich beste Netzwerk? Sind genügend Ärzte in meiner Region im Netzwerk enthalten?
  3. Wie oft muss ich vermutlich zum Arzt? Wenn ich schon vorhersehen kann, dass ich z.B. einen Krankenhausaufenthalt habe, lohnt sich unter Umständen ein vom Beitrag her teurer Tarif, der aber eine geringe Selbstbeteiligung hat.
  4. Wie hoch schätze ich die Kosten, die ich trotzdem noch tragen muss? Danach richtet sich mein möglicher Beitrag zu einem FSA oder HSA Konto.
  5. Vor dem Arztbesuch: Ist der Arzt im Netzwerk meiner Krankversicherung? Dies kann ich in der Regel durch einen Anruf beim Arzt oder über die Website der Krankenversicherung klären.

Gastbeitrag von Claus Kaufmann, VP Operations bei Avira Inc.

Richtig kündigen: Bürokratie made in Germany

Ich habe sechs Jahre lang immer wieder an der Greencard Lottery teilgenommen, bevor ich tatsächlich gewonnen habe. Ein weiteres Jahr und viele ausgefüllte Formulare später, hielt ich das lang ersehnte grüne Ding endlich in meiner Hand. Nach einem kurzen Intermezzo in New York, bewarb mich auf eine interne Stelle in San Francisco. Als ich meinen neuen Arbeitsvertrag Ende Dezember unterzeichnete, war ich bereits intensiv mit der Abwicklung meiner Berliner Existenz beschäftigt. Ich hatte mir fest vorgenommen, zum Jahreswechsel einen klaren Schnitt zu machen und meine 30jährige Verbindung zur deutschen Heimat so sauber wie möglich aufzulösen. Trotz meiner demonstrativen Zielstrebigkeit, stellten mir Freunde, Bekannte und Kollegen immer wieder die absurde Frage wie lange ich denn beabsichtige, in den USA zu bleiben? Viel mehr Verständnis hatte ich allerdings für die hochgezogenen Augenbrauen der US Grenzbeamten, die mich bei jeder Einreise als Permanent Resident Alien fragten, wann ich denn endlich in die USA ziehen würde? Meine Antwort: ASAP. Für mich ist die Greencard ein One-Way-Ticket, auf das ich lange gewartet habe. Ich habe zu oft im Ausland gelebt, um eine weitere zeitlich begrenzte Auslandserfahrung zu sammeln. Ich bin Anfang 30, nicht Anfang 20. Ich wollte erst mal für immer auswandern. Und deswegen erschien es mir sinnvoll komplett mit Deutschland Schluss zu machen.

Wenn Ihr es mir nachtun wollt, dürfte die folgende Checkliste hilfreich sein:

  1. Abmeldung bei der (Berliner) Meldebehörde: Dies ist das zentrale Dokument, das einem die Kündigung aller anderen Verträge vereinfacht. Leider stellen die Berliner Bezirksämter einem diesen Wisch maximal zwei Wochen vor der Ausreise aus. Wer ähnlich ungeduldig ist wie ich, kann versuchen mit der Kündigung der Wohnung, des Arbeitsvertrages oder eines Schreiben des alten oder neuen Arbeitgebers versuchen, andere Verträge zu kündigen.
  2. Wohnungskündigung: Wer einen solventen Nachmieter findet, kommt meist vor Ablauf der üblichen dreimonatigen Mindeskündigungsfrist, aus dem Mietvertrag raus. Da ich es mit einer höchstbürokratischen Verwaltungsgesellschaft zu tun hatte, stellte sich dieser Prozess als eine meiner nervigsten Baustellen heraus – meine Kaution habe ich bis heute nicht erhalten. Die Weihnachtsfeiertage und die bevorstehende Mietpreisbremse erschwerten die Kündigung ebenfalls. Eine Untermieterregelung kann eine Alternative sein. Dies schien mir im Kontext des sauberen Schlussmachens allerdings zu inkonsequent.
  3. Abos, Internetanbieter, etc: Dinge wie Bahncards, Nahverkehrsabos, Internet- und Festnetzverträge, Vereinsmitgliedschaften etc. sollten sich mit der Abmeldebestätigung und etwas Kulanz des Anbieters schnell abwickeln lassen. Wenn ich einen Award für den schlechtesten Kundenservice im Rahmen der Kündigungen vergeben würde, dann hätte Vodafone ihn mit Abstand gewonnen. Nach 21fachem Hinundher entschied ich mich die weiterhin munter abgebuchten Beiträge, zurückzubuchen. Erst dann erhielt ich eine freundliche Abschiedsemail.
  4. Versicherungskündigungen: Schnell wurde mir klar wie konservativ und überversichert wir Deutschen sind. Berufsunfähigkeit, Unfälle, Haftpflicht… Da ich beabsichtigte, NICHT mehr in Deutschland gemeldet zu sein, prüfte ich sorgfältig, welcher meiner Anbieter mich global weiterhin schützte und welche Verträge ich besser auflösen und in den USA neu abschließen sollte. Für mich sah das in etwa so aus:
  • Auslandskrankenversicherung: Weltweiter Schutz auch ohne deutschen Wohnsitz.
  • Berufsunfähigkeit: Weltweiter Schutz auch ohne deutschen Wohnsitz.
  • Betriebliche Altersvorsorge: Muss rechtzeitig aufgelöst werden, wird sonst zum Kündigungszeitpunkt der Beschäftigung eingefroren und erst im Rentenalter ausgezahlt. Meist gibt es die Möglichkeit, die Zahlungen weiterzuführen, was allerdings wenig sinnvoll ist, da man von dem Steuervorteil beim Umzug in ein anderes Land nicht profitiert.
  • Haftpflicht: Kein weltweiter Schutz bei Wohnortwechsel.
  • Krankenversicherung: Lässt sich mit Abmeldeversicherung unkompliziert kündigen. Man sollte allerdings vorher sicherstellen, dass man in der neuen Heimat ausreichend versichert ist. Wer vorhat, irgendwann zurück nach Deutschland zu kommen, kann eine Anwartschaft eingehen und einen monatlichen Beitrag zahlen, um sicher zu stellen nach Rückzug wieder in eine gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Ich habe mich für Harakiri und gegen den monatlichen Ablass entschieden.
  • Lebensversicherung: Weltweiter Schutz auch ohne deutschen Wohnsitz.
  • Unfallversicherung: Kein weltweiter Schutz bei Wohnortwechsel.
    ACHTUNG: Diese Informationen können von Anbieter zu Anbieter variieren! 

San Francisco vs. New York

Im Februar 2014 verbrachte ich erstmals eine ganze Woche in New York. Meine Freundin hatte kurzfristig doch keinen Urlaub bekommen, ich stapfte allein durch den Tiefschnee und dennoch hat es mir die Stadt sofort angetan.

Drei Monate später nahm ich ohne eine Sekunde zu zögern ein Projekt in New York an und lernte so die Stadt noch besser kennen. Auch unser Head of Public Policy wollte bald hierhin ziehen und das Team ausbauen. Mein Leben als New Yorkerin schien in greifbarer Nähe.

Als ich mich im November auf eine Stelle als Projektmanagerin bewarb, die viel Interaktion mit Kollegen in unseren Headquarter voraussetzte, entschied ich mich gemeinsam mit meiner neuen Managerin, dass San Francisco als Standort mehr Sinn machte. Mein Herz hing allerdings noch an New York. Sollte es Euch auch einmal so gehen, überzeugt Euch vielleicht die folgende Liste, San Francisco doch eine Chance zu geben:

Dinge, die in San Francisco viel besser sind:

  • Wetter. In San Francisco ist es nie richtig kalt. Es schneit auch nicht, es gibt kein Glatteis und es regnet äußerst selten. Es ist eigentlich immer so um die 60° F (15° C).
  • Essen. San Francisco ist vermutlich der Ort, an dem mich die Zöliakie am wenigsten einschränkt. Glutenfreie Beilagen und Ersatzprodukte sind eine Selbstverständlichkeit. Die kalifornische Küche ist wahnsinnig gesund und lecker und das beste Sushi der Welt gibt es bei Tekka.
  • Yoga. Die Bewohner von San Francisco bewegen sich gern. Sie joggen die Hügel hoch und runter, gehen im Umland wandern, laufen Marathons und machen vor allem viel Yoga Ich habe Yoga 2012 für mich entdeckt und bin total begeistert von dem lokalen Angebot.
  • Gründerszene. Das Silicon Valley ist einmalig. Die spannendsten Ideen, die talentiertesten Gründer und die erfolgreichsten Investoren sind hier. Ich kann mir nicht vorstellen, in einem anderen Umfeld zu arbeiten oder irgendwann woanders mein eigenes Unternehmen zu gründen.
  • Verhältnis von Männern zu Frauen. Ist Euch schon mal ein gut aussehender Australier mehrere Straßenzüge hinterhergelaufen, um nach einem Date zu fragen? 😉
  • Reisen. Zugegeben, San Francisco ist am Ende der Welt. Allerdings ist es hier sehr schön. Roadtrips in die Nationalparks in den Süden nach LA, in den Norden über Portland und Seattle nach Vancouver, zum Skifahren nach Tahoe, Colorado oder Utah, zu Burning Man in die Weingegenden Napa und Sonoma oder ein Flug nach Hawaii – bevor einen das Reisefieber in die weite Ferne packt, gibt es hier einiges zu erleben.
  • Zen. Die meisten Kalifornier sind entspannt. Auch wenn Gründer viel arbeiten, ist der Umgang miteinander respektvoll und hilfsbereit. Auch auf den Straßen herrscht keine Hektik. In San Francisco wartet man gern mal ein Stündchen auf einen Platz im Restaurant. Der Dresscode ist eher leger und in Bars und Clubs werden ausländische IDs fast immer anerkannt.

Wie man einen Masterplan in die Realität umsetzt

Masterplan

Auswandern ist wie Urlaub machen, nur länger. Für mich stand fest, dass ich meine Greencard schnellstmöglich nutzen und noch 2014 in die USA auswandern würde. Da sich unser Hauptsitz in Kalifornien befindet und ich vor ein paar Jahren dort bereits gewohnt und meine Masterarbeit geschrieben habe, ging ich zunächst davon aus, zurück nach San Francisco zu gehen. Um einige laufende Projekte zu beenden und eine ordentliche Übergabe an einen geeigneten Nachfolger zu machen, einigte ich mich mit meinem europäischen Manager auf einen Stichtag im Oktober.

Nur wenige Stunden nachdem wir diesen Plan gefasst und abgesegnet hatten, wurde er bereits über den Haufen geworfen. Ich saß gerade im Taxi vom Flughafen zum WM Public Viewing als mich mein amerikanischer Chef anrief und fragte, wie schnell ich denn in New York sein könnte. Ich war sprachlos. Er wiederholte seine Frage und erkundigte sich nach meiner Gesundheit und privaten Verpflichtungen, die dem Einsatz im Weg stehen könnten. Ich sagte sofort zu.

Den Europachef begeisterte diese Aktion natürlich weniger, also versprach ich, im August wieder zu kommen und mich um meine Projekte bis Ende des Jahres in Berlin zu kümmern. Neues Auswanderungsdatum: 1.1.2015!

Nach meiner Rückkehr schmiedete ich meinen Masterplan. Als notorische Projektmanagerin behalte ich gern den Überblick und hake To Do Listen ab – genauso managte ich auch meine Auswanderung.

New York hatte es mir angetan und so schrieb ich den Big Apple als großes Ziel in die Mitte einer DIN A5 Seite. Drumherum entfalteten sich viele Aufgaben, die überwiegend nur in einer bestimmten Reihenfolge erledigt werden konnten: Beispielsweise musste ich erst eine neue Stelle in den USA finden, bevor ich meinen Vertrag verhandeln konnte, oder mich zuerst beim Bezirksamt abmelden (max. 2 Wochen vor der Ausreise) bevor ich aus der Krankenkasse austreten konnte, etc.

Wichtig war mir aber auch mein Privatleben in Berlin, meine Freunde und Familie noch möglichst häufig zu sehen, meinen Resturlaub zu nehmen und eine gebührende Abschiedsparty zu feiern.

Als größere Baustelle stellte sich auch eine OP am linken Ohr heraus: Im Sommer 2013 wurde Otosklerose – die Verknöcherung der Gehörknöchelchen – bei mir diagnostiziert und ich wollte mich lieber noch in Deutschland unters Messer legen. Bei der Voruntersuchung teilte mir meine HNO-Ärztin mit, dass dies bedeute, sechs Monate nach der OP nicht fliegen zu können. Dies war weder mit meinem aktuellen Job noch mit dem Flug über den großen Teich vereinbar. Aufgewühlt ging ich zurück ins Büro und berichtete meinen Kollegen davon. Nach dem Meeting schickte mir mein äußerst aufmerksamer Praktikant einen Link zu Frachtschiffreisen und ich fasste den Entschluss, die OP doch wie geplant in Berlin machen zu lassen und dann über Neujahr zehn Tage mit dem Frachter und hoffentlich ein paar abenteuerlustigen Freunden anzutreten. Als mir die Chirurgin im Krankenhaus später mitteilte, dass ich nur sechs Wochen nicht fliegen dürfte, war ich etwas enttäuscht, da ich mir bereits eine abenteuerliche Überfahrt ausgemalt hatte.

Allzu ernst sollte man seinen Masterplan nicht nehmen. Ständig ändern sich Dinge – beispielsweise bin ich kurzerhand doch nach San Francisco statt nach New York gezogen, da mir dort eine unbefristete Stelle angeboten wurde. Dabei hatte ich schon ein Fahrrad in Brooklyn in Aussicht… Außerdem habe ich es nicht geschafft, alle Verträge rechtzeitig zu kündigen und war auf die Kulanz der Anbieter angewiesen oder musste im Worst Case einige Versicherungen noch ein paar Wochen weiterzahlen.

Was man bedenken sollte:

  • Business (Nachfolger, Übergabe, neue Visitenkarten)
  • Gesundheit (Kontrolluntersuchungen, Abmeldung Krankenversicherung, Auslandsversicherung, amerikanische Krankenversicherung)
  • Privat (Abschiedsfeier, Kurztrips, Besuch von Friends & Family, Feiertage)
  • Steuern (Doppelbesteuerung, Steuererklärungen 2014/2015, internationale Steuerberatung, 401k)
  • Wohnung (Kündigung, Nachmietersuche, Möbel inserieren, Umzug organisieren, Abmeldung Strom, Kündigung GEZ, Kündigung Telko)
  • Versicherungen pausieren/kündigen (Berufsunfähigkeit, Betriebliche Altersvorsorge, Haftpflicht, Lebensversicherung, Unfallversicherung)
  • Verwaltung (Abmeldebescheinigung Bezirksamt, Erfüllung Greencardauflagen, Social Security Number, amerikanisches Konto und Kreditkarte, Adressänderung und Nachsendeauftrag)

Wie man an eine Greencard kommt

Welcome to America! Als Michael Moore 2001 mit seinem Buch Stupid White Men erfolgreich auf den Bestsellerlisten gegen die amerikanische Regierung (Bush jr.), Kultur und das Volk wetterte, beschloss ich kurzum, mich intensiver mit den USA zu beschäftigen. Ich schwamm schon immer gern gegen den Strom. Zwei J1-Studenten-Visa führten mich für ein Praktikum nach Washington DC und meine Masterarbeit nach San Francisco. Da schmiedete ich meinen Plan: Ich wandere aus!

Es gibt drei Möglichkeiten, an eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, die Greencard, zu gelangen:
1. Man sucht sich einen Arbeitgeber, der einem ein Visum sponsert, lässt sich nichts zu schulden kommen und bewirbt sich nach ein paar Jahren um eine Greencard. Programmierer und Naturwissenschaftler sind bei amerikanischen Arbeitgebern besonders beliebt; Wirtschafts- und Geisteswissenschaftler müssen sich eher hinten anstellen. Ich wechselte tatsächlich zu einem US Startup und meine internationale Stelle ermöglichte es mir, mehrmals im Jahr zu unserem Headquarter nach San Francisco zu reisen. Allerdings war meine Stelle unmissverständlich auf Deutschland begrenzt.
2. Für alle unverheirateten Nichtprogrammierer gibt es eine Alternative: Die Hochzeit. Ich war glücklicherweise meistens Single und konnte bei meinen USA-Aufenthalten erste Erfahrungen mit potenziellen Greencardbeschaffungspartnern sammeln. Aus meinem Bekanntenkreis kannte ich jedoch einige, die sich für diesen scheinbar einfachen Weg entschieden haben. Leider waren in 100% der Fälle weder die Ehen noch die daran gebundene Aufenthaltsgenehmigungen von Dauer.
3. Wer weder talentiert ist, noch sich ewig binden möchte, sollte bei der Diversity Visa Lottery mitspielen. Man munkelt, dass die Chancen für einen Deutschen, ausgelost zu werden, derzeit bei ca. 1% liegen. Allerdings muss ja irgendwer gewinnen und so zog ich bei der 8. Teilnahme das große Los und gewann die Möglichkeit, eine Greencard zu beantragen.

Wie man an eine Greencard kommt:
1. Mögliche Visa: J1 (Studenten und Praktikanten), H1B (begrenztes Kontingent, das meist schon im Frühjahr aufgebraucht ist und eine Qualifizierung benötigt), L1 (Transfervisum, das eine einjährige Tätigkeit bei der Tochterfirma im Heimatland voraussetzt), O (Special Alien Visum für Künstler mit überzeugenden Referenzen), etc.
2. Tinder, Match.com, Craigslist – irgendwen findet man schon irgendwo…
3. Jedes Jahr im Oktober kann sich jeder mit einem qualifizierten Schulabschluss oder mindestens zweijähriger Berufserfahrung auf eine Greencard bewerben. Dazu muss man nur hier seine Kontaktinformationen angeben und ein Foto hochladen. Wichtig ist, am Ende des Prozesses seine Nummer zu speichern (am Besten online, digital und offline – sicher ist sicher), die man Anfang Mai des Folgejahres benötigt, um zu schauen, ob man zu den glücklichen Gewinnern zählt. Die Bewerbung dauert ca. fünf Minuten.

Wie ich 2015 von Berlin nach San Francisco auswanderte…

Dieser Blog erzählt wie ich 2015 von Berlin nach San Francisco auswanderte. Wenn Du diese Schritte nacheinander anwendest und dazu eine unverschämte Portion Glück hast, kannst Du ganz entspannt auswandern und Dir ein paar Stolpersteine sparen. Immer wenn in den letzten Wochen etwas schief ging, ließ es sich mit dem Gedanken an diesen Blog fast sogar genießen.

In den nächsten Wochen werde ich mich diesen Bausteinen widmen:

  • Eine Greencard gewinnen
  • In Deutschland abmelden
  • Sachen mit ebay Kleinanzeigen verhökern
  • Verträge und Versicherungen kündigen
  • Wohnung in Berlin loswerden
  • Tschüss sagen
  • Wohnung in San Francisco finden
  • Social Security Number beantragen
  • Krankenversicherung verstehen und auswählen
  • Konto eröffnen und Kreditkarte beantragen
  • Führerschein machen
  • Steuererklärungen machen
  • Zum Arzt gehen
  • Daten
  • Networken
  • Wählen

Auf Deine Vorschläge oder Deinen Gastbeitrag freue ich mich!

Fotomontage von Ferdinand Vogler www.ferdinandvogler.com

Impressum

Katrin Schmidt
159 Jasper Place
94133 San Francisco, CA, USA

Inhaltlich Verantwortliche gemäß § 10 Absatz 3 MDStV:
Katrin Schmidt (Anschrift wie oben).

Fotomontage der Cover Grafik von Ferdinand Vogler www.ferdinandvogler.com