Postkartenwettbewerb 2.0

Ich denke oft an Euch, aber ich bin nicht besonders gut im Kontakt pflegen. Deswegen drehe ich den Spieß um und bringe den berühmten Postkartenwettbewerb zurück.

Wer mir eine Karte oder einen Brief schreibt, bekommt einen Platz an meiner Wand und ein selbstgeschriebenes Lebenszeichen von mir persönlich zurück.

Meine Adresse:
60 Dearborn Street
Apt 7
94110 San Francisco
USA

Ich freue mich, von Euch zu hören!

Kati xoxo

Danke, Nina (5.7.2015)

2015-07-27 20.46.18

Danke, Jule (6.7.2015)

2015-07-27 20.46.47

Danke, Claire (17.7.2015)

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Danke, Valentin (26.7.2015)

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Danke, Mama und Papa (23.10.2015)

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Danke, Stephanie (13.4.2016)

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Danke, Bernhard und Gaby (30.9.2016)

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Fail early, fail fast — Leben und Lernen in San Francisco

Gastbeitrag von Kathrin Jansen

Kathrin Jansen und ihre Familie verbrachten sechseinhalb Jahre in San Francisco. Für Kaliforniakati reflektiert Kathrin, was sie in den USA gelernt hat. Was hat sie beeindruckt? Was können sich Deutsche von den Amerikanern abschauen? Wie können wir in einer immer mehr miteinander verbundenen Welt besser zusammen arbeiten und globale Probleme besser lösen?

1. Kultur und Netzwerken

Nach der Wohnungssuche in San Francisco, stand für mich die Jobsuche an. Was dabei zählt sind gute Kontakte, ein starkes Netzwerk und namhafte Arbeitgeber oder Universitäten auf dem Lebenslauf. Leider hatte ich zunächst nur eine Handvoll Kontakte in der Bay Area und ein solides berufliches Netzwerk war noch lange nicht in Sicht.

Deshalb entschloss ich mich, zunächst als Freiwillige für Organisationen zu arbeiten, um mein Netzwerk aufzubauen, Berufserfahrung zu sammeln und neue Arbeitsfelder kennenzulernen. Beim World Affairs Council, der Wikimedia Foundation, Room to Read, Women 2.0, und Social Capital Markets, konnte ich wertvolle Erfahrungen sammeln.

Durch meine ehrenamtliche Arbeit konnte ich mich auch mit der West-Coast-Mentalität und Arbeitskultur vertraut machen. Drei Ideen stechen dabei besonders hervor:

  • San Francisco zieht Menschen aus aller Welt an und jeder empfindet es als ein großes Privileg mit so unterschiedlichen Menschen arbeiten zu dürfen: (Kulturelle) Unterschiede werden als große Bereicherung angesehen. Viele Studien belegen mittlerweile, dass “socially diverse” Teams effektiver, kreativer und innovativer sind.
  • In San Francisco lernt man schnell sehr viele, hilfsbereite Menschen kennen. Nicht schüchtern sein: Sag was du brauchst und biete deine Hilfe im Gegenzug an. Amerikaner sind große Fans von “giving-back” and “paying-it-forward”. Entrepreneur und Autor Steve Blank beschreibt auf seinem Blog die “Pay-it-Forward” Kultur im Silicon Valley und wie Menschen und letztlich ein gesamtes Ecosystem dadurch schlauer werden.
  • Sei vorbereitet deine “story” zu erzählen: Amerikaner lieben das “Storytelling”. Damit ist nicht gemeint eine Geschichte zu erfinden, sondern sinnvoll darzulegen, wer du bist, was dich bewegt. “Tell your own story before others tell it for you” ist ein sehr guter Artikel, der deutlich macht, warum es wichtig ist, seine eigene Geschichte erzählen zu können.

2. Gründen in der Bay Area

Durch meine ehrenamtliche Arbeit beim World Affairs Council, habe ich eine Gruppe junger Menschen kennengelernt, die, wie ich, ebenfalls an International Development (Entwicklungshilfe) interessiert ist. Gemeinsam haben wir eine Non-Profit Organisation gegründet, die Menschen ermöglicht, sich ehrenamtlich für “local leaders” in Entwicklungsländern zu engagieren.

Auch wenn es nicht immer einfach war, mit vier (am Anfang sogar sechs) Mitgründern Entscheidungen zu treffen, haben Do Good Lab’s Freiwillige etwa 60,000 Euro in Spenden gesammelt und lokale Entwicklungsprojekte u.a. in Uganda, Kenya und Indien finanziert.

Die Bay Area und das Silicon Valley sind bekannt für ihren Gründergeist. Das meiste Geld und Interesse bekommen Tech Start-ups, aber der soziale Sektor steht in Sachen Innovationsfreude den technischen Unternehmen in nichts nach. Sehr oft sogar findet man spannende Kollaborationen und es herrscht eine große Offenheit voneinander zu lernen.

  • Auch wenn es von außen oft nicht so aussieht: die meisten Menschen, die ich im Sillicon Valley kennengelernt habe, sind vielmehr an “purpose” interessiert als an “profit”. Idealerweise lassen sich “purpose” and “profit” verbinden. Begriffe aus der “corporate world” hört man zunehmend auch im sozialen Bereich: Spenden sind Investitionen und man achtet auf den “Return on Investment”. Investoren wollen Erfolgsmetriken sehen und genau wissen, wem ihr Geld hilft. Traditionelle Spendenaktionen werden vermischt mit neuen Ideen: “Buy one — Give One” Modelle, Mikrokredite und Online-Spenden Plattformen verändern wie wir Geld geben und als Spender annehmen/verwenden.
  • Auch die rechtliche Struktur von Non-Profit Organisationen hat begonnen sich zu verändern: das klassische Modell einer For-Profit oder Not-for-Profit Organisation verschwimmt und es gibt sogenannte hybride Organisationsformen, die “purpose” und “impact” in den Vordergrund stellen, aber der Organisation andere Finanzierungsmöglichkeiten erlauben. Dieser Artikel über die Non- profit/Social Enterprise Embrace, die Baby Inkubatoren für Entwicklungsländer herstellt, zeigt wie schwierig der Weg dorthin sein kann und was die Vor- und Nachteile der jeweiligen Organisationsform sind.
  • Besonders die große Kreativität der Menschen in der Bay Area hat mich immer wieder beeindruckt: keine Idee ist zu verrückt, dass sie nicht Unterstützer und Investoren findet. Natürlich setzt sich nicht jede Idee durch, aber manche schaffen es z.T. ganze Arbeitsfelder und Industrien zu revolutionieren: Crowdfunding Plattformen wie Indiegogo und Kickstarter bieten kleinen Unternehmen, Künstlern und Autoren eine Möglichkeit Geld für ihr Projekt oder Produkt zu sammeln. Wer sich weiterbilden möchte, muss das Haus nicht mehr verlassen, sondern meldet sich bei Skillshare, Udemy oder Coursera an. Ein eigenes Auto braucht man in der Bay Area auch nicht, wenn man sich ein Uber oder Lyft Taxi nehmen kann, oder bei Zipcar schnell ein Auto mieten kann. Ein schönes Urlaubszimmer und wenn es sein darf gleich ein ganzes Haus, kann man auf Airbnb mieten.

Viele dieser Modelle sind zwar nicht im Silicon Valley erfunden worden (die Gründerin von Zipcar bekam die Idee in Berlin, wo es das Konzept des schon länger gibt), aber es sind doch oft Organisationen und Firmen aus Kalifornien, die es schaffen eine Idee massentauglich und erfolgreich zu machen.

3. Big Data und Design

Neben der Berufserfahrung fehlte mir auch der amerikanische Studienabschluss auf meinem Lebenslauf. Ich habe lange überlegt, ob ein zweites Studium sinnvoll ist und ob die hohen Studiengebühren es Wert sind. Während meiner Recherche fand ich eine Reihe von Studiengängen, die die nötigen Fähigkeiten vermitteln in Organisationen zu arbeiten, die an der Schnittstelle von “profit” and “purpose” operieren. Den Bereich finde ich sehr spannend und deshalb habe ich mich für die Presidio Graduate School in San Francisco und einen MBA in Sustainable Management entschieden.

Rückblickend hat sich der MBA für mich gelohnt, da ich sehr viel Neues gelernt habe, ob es sich finanziell auszahlt, werde ich wohl erst in einigen Jahren beurteilen können, bisher allerdings noch nicht. 🙂

  • “What gets measured, gets done” — dem Leitsatz von Peter Drucker entkommt man in einer Business School nicht. Ich finde den Satz aber nicht nur spannend, wenn man an interne, organisatorische Prozesse denkt, sondern auch an große, globale Probleme wie z.B. Menschenrechtshandel, Umweltkatastrophen und die Abholzung von Regenwäldern. Es gibt viele spannende Projekte und Organisationen, die versuchen die wachsende Flut von Daten und Informationen zu nutzen, um soziale und ökologische Probleme zu lösen. Die Global Forest Watch Initiative des World Resource Institute benutzt z.B. verschiedene technologische Methoden, um den Bestand und die Abholzung von Wäldern zu beobachten.
  • Die große Offenheit in der Bay Area macht es auch möglich traditionelle Ansätze und Methoden aus einem Bereich auf gänzlich andere Bereiche zu übertragen. Während des Studiums habe ich viel darüber gelernt, wie “Design-Thinking” oftmals simple und elegante Lösungen für soziale und umweltbezogene Probleme hervorbringen kann. Hinter dem Begriff steckt die Idee, Methoden die man üblicherweise beim Produktdesign anwendet auch für komplexe Probleme in den Bereichen Gesundheit, Umwelt, Bildung und Ernährung zu nutzen.
  • Eine besonders spannende Methode des Design-Thinking ist das sogenannte “rapid prototyping”. Das bedeutet, dass man schnell einen Prototypen erstellt und ihn von zukünftigen Nutzern testen lässt. Das Feedback der Nutzer wird in die nächste Version des Prototypen aufgenommen, bevor er wieder getestet wird. Diesen Zyklus wiederholt man, bis der Nutzer zufrieden ist. Das Motto dieser Methode: “fail early, fail fast”. Der Vorteil ist, dass das Produkt schnell unter realen Bedingungen getestet werden kann.

Ich hoffe, dass ich viel von der Offenheit, Kreativtät und Risikobereitschaft der Amerikaner mit nach Deutschland nehmen kann. Um aktuelle Herausforderungen angehen zu können, brauchen wir mutige Ideen und innovative Organisationen, die sich für Mensch und Umwelt einsetzen.

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Kathrin Jansen arbeitet als selbständige Beraterin für Unternehmen, Social Entrepreneurs und zivilgesellschaftliche Organizationen in San Francisco/Hamburg. Hier geht es zu ihrer Webseite, auf Twitter ist sie unter @KathrinJansen zu finden.

Foto: Kathrin Jansen

In San Francisco das Tanzbein schwingen

Die ganze Welt spricht über das Berliner Nachtleben. Es gebe dort Menschen, die gingen Donnerstags aus und taumelten Sonntags verschwitzt nach Hause. Frisöre weltweit kennen das Berghain – ich hab`s zwar einmal halbherzig versucht reinzukommen, war aber tatsächlich nie drin. Feiern in Berlin bedeutet eintönige Minimal Elektromusik in abgeranzten Baracken aus graffittibeschmierten Holzpaletten (Kater Blau, Wilde Renate, Club der Visionäre, Ritter Butzke…). Immerhin gibt es seit einigen Jahren dank Club Mate eine Alternative zu Red Bull und anderen Substanzen. Die Engtanzparty hab ich leider erst kurz vor Abreise entdeckt.

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Als ich vor fünf Jahren meine Masterarbeit in San Francisco geschrieben habe, hatte ich auch die Gelegenheit, das hiesige Nachtleben zu studieren. Ich wusste also, dass sich die Feierei von Berlin signifikant unterscheidet.

Warum ich trotzdem gern in San Francisco feiern gehe:
1. Sei, was Du willst. Als Kölnerin im Herzen verkleide ich mich gern und fast jedes Wochenende bietet ein Event in den Straßen von San Francisco den Anlass dazu. Sei es Bay to Breakers, Pride oder Morning Glory – die Tanzveranstaltung vor der Arbeit.
2. Es geht schneller zur Sache. Der heilige Franziskaner begibt sich nach dem ersten Drink bereits auf die Tanzfläche, flirtet und zieht gegen 2 Uhr allein oder in Begleitung nach Hause. Statt Döner gibt es auf dem Heimweg Pupusas oder Tacos. Nach ein paar Stunden Schönheitsschlaf gibt es einen nächsten Tag, der vor 18 Uhr beginnt und sich meist weniger verkatert anfühlt als der Berliner Hangover.
3. Die Musikszene ist heterogen. Wie in den meisten amerikanischen Städten wird meist Hiphop und RnB zum Tanzen gespielt (Vertigo, Beauty Bar), es gibt aber auch Salsa, afrikanische Rhythmen (Little Baobap) und 80s Music (Do im Cat Club) oder EDM, vor allem in den Läden, die etwas länger geöffnet sind (Public Works, Mighty, End up).

Ich bin dann mal weg

Im Dezember gab es Momente, in denen ich mich fragte, ob die Entscheidung, für immer ans Ende der Welt auszuwandern, die Richtige war. Nach außen symbolisierte ich jedoch wie gewohnt Entschlossenheit, um niemandem die Hoffnung zu machen, mich zum Bleiben überreden zu können.

Auch wenn der Großteil meines Umfelds sich für mich über die Greencard freute, gab es auch viele Freunde und Familienmitglieder, die ihre Emotionen weniger im Griff hatten. Ihre Überredungsstrategien sahen wie folgt aus:

1. Die Psychologin: 
Persona: Glücklich liierte beste Freundin.
Diagnose: Auswandern als Ausdruck von Rastlosigkeit und damit einhergehender Bindungsunfähigkeit.
Therapie: Emotionaler Appell (Ich find`s so schade, wenn Du so weit wegziehst. Dann sehen wir uns ja gar nicht mehr.), nostalgischer Appell (Weißt Du noch an Silvester 19…), moralischer Appell (Meinst Du nicht, dass Du nur vor etwas wegläufst?), Aufzeigen von Alternativen (Tinder).

2. Der Bedenkenträger: 
Erscheinungsbild: Älteres, allwissendes Familienmitglied.
Vermutung: Auswandern als naive Träumerei.
Bewältigungsansätze: Verweis auf das deutsche Gesundheitssystem, Verweis auf das deutsche Arbeitsschutzrecht, Weiterleiten von Schreckensnachrichten (Oil Fracking, Ferguson, Wetterkatastrophen), emotionaler Druck (Du musst wissen, was für Dich am Besten ist., Wenn Du wiederkommst, bin ich schon tot., Wir schicken Dir dann Fotos von der Hochzeit. Du musst nicht extra kommen.)

3. Der Opportunist: 
Typ: Reisefreudiger, sparsamer Bekannter.
Urteil: Auswandern als logische Konsequenz des Greencardgewinns (pro > contra).
Strategie: Schnäppchenjagd (Nimmst Du den Beamer eigentlich auch mit? Der überlebt den Transport doch bestimmt nicht.), Wechselkursoptimierer (Kannst Du mir eigentlich die neue iWatch mitbringen, die gibt es da doch bestimmt günstiger?), Mietnomade (Bist Du im Juli eigentlich in San Francisco? Es gibt bei Airberlin gerade günstige Tickets.)

Mittlerweile kenne ich meine Pappenheimer so gut, dass ich weiß, bis zu welchem Grad ich ihre Ratschläge ernst nehmen muss und wann ich schmunzeln darf. Natürlich verfluche ich die neunstündige Zeitverschiebung zwischen der amerikanischen Westküste und Mitteleuropa. Ich stelle mir deshalb brav jeden Sonntag den Wecker, um meine Oma, meine Eltern und meine internationalen paar Freunde vorm Tatort zu sprechen. Als vollblütiger Morgenmuffel konzentriere ich mich meist eher aufs Zuhören und verweise dann schnell auf den Auswandererblog.

Beim Augenarzt (und Zahnarzt): Damit ich Dich besser sehen kann

Ich bin ein Hypochonder – mit Erfolg. Als ich im Sommer 2013 von Hamburg nach Berlin gezogen bin, wollte ich nur mal schnell zum HNO gehen, da ich seit einer Weile das Gefühl hatte, beim gemeinsamen Serienschauen (Dexter) schlechter zu hören als mein Umfeld. Wie sich später herausstellte, hatte ich leider Recht. Diagnose: Otosklerose – eine Verknöcherung im Innenohr, von der auch schon Beethoven, meine französische Kollegin und viele andere Frauen – Stichwort: hormonelle Ursache – betroffen waren. Dies führte unter anderem zur vorübergehenden Pausierung und langfristigen Umstellung meiner Verhütung auf eine deutlich geringere hormonelle Dosis als auch zu der Entscheidung mich VOR meinem Umzug in die USA einer OP zu unterziehen, die ich seit der ursprünglichen Hamburger Diagnose vor mir hergeschoben hatte. Der Rest der Story – Stichwort: Frachtschiffreisen – ist bekannt.

Gerade in den USA angekommen stellte ich fest, dass mein Monatslinsenvorrat aufgebraucht war. In der Benefitspräsentation unserer HR-Abteilung, in der allen Neuankömmlingen erklärt wurde, welche Krankenversicherungsoptionen wir hatten, passte ich gut auf und verstand trotzdem fast nichts – Stichwort: PPO, HMO und FSA. Ich erinnerte jedoch, dass die Möglichkeit bestand, Kontaktlinsen und LASIK aus dem Bruttogehalt zu bezahlen. Ich entschied mich zunächst für Tageslinsen und machte mir einen Termin beim Augenarzt. Auf der Webseite meiner Augenversicherung (vsp) identifizierte ich eine Optikerin in meiner unmittelbaren Nachbarschaft mit einem Termin innerhalb der nächsten Woche. Das Ladenlokal und die Untersuchungsräume waren mit der modernsten Technik ausgestattet, die Ärztin und ihr Personal gutaussehend und freundlich und am Ende stiefelte ich mit einer Zehntagesration Dailies, einer $300-Rechnung für die Untersuchung und einem Abholschein für 360 Kontaktlinsen aus der Praxis. Die Summe tat weniger weh, da ich sie brutto bezahlte und ich das Gefühl hatte, insgesamt einen guten Deal gemacht zu haben.

Next up: Zahnarzt.

Amerikanern wird nachgesagt, wahnsinnig gute Zahnhygiene zu haben. Wer sich diese nicht leisten kann, erwirbt in der Drogerie ein Do-it-yourself-Kit zum Karieslöcherfüllen für $10. Wer – wie ich – eine gute Zahnversicherung (Guardian) hat, geht zweimal im Jahr ohne Zuzahlung zum Zahnarzt zur Untersuchung und Zahnreinigung. Studio Dental ist die Hipster-Lösung für den modernen Techworker. Der Zahnarzt kommt regelmäßig auf unseren Campus gerollt. Man checkt via iPad ein, der Rezeptionist redet über Videochat mit einem und wahrscheinlich anderen Patienten gleichzeitig und erkundigt sich freundlicher als Starbucks nach der richtiger Aussprache des Vornamens (Kati statt Katie). Meine Augenärztin chattete ähnlich begeistert mit mir über meinen Greencardgewinn und mein Alter, da sie mich wie die meisten Menschen locker fünf Jahre jünger schätzte. Meine Zähne waren erwartungsgemäß im einwandfreien Zustand. Danach kam ihre Assistentin zur Zahnreinigung und fragte mich zunächst, ob ich eine Netflixserie über den Fernseher an der Decke schauen wollte. Und ob: die perfekte Gelegenheit Parks and Recreation zu testen. 30 Minuten später hatte ich saubere Zähne und ein Urteil über die Serie gefällt: Vermutlich authentisch, aber nicht mein Humor. Mit einer Rechnung über $0 – die Versicherung übernahm 100% der Kosten – und einer Reisezahnbürste und Zahnseide bestückt, ging ich die paar Meter zurück ins Büro. Bisher hat mich das amerikanische Gesundheitssystem nicht enttäuscht.

Knochenmark spenden – Leben retten

Wir kennen alle den Unterschied zwischen dringend und wichtig. Das gilt auch für`s Auswandern. Der ebay Möbelverkauf war dringend, denn eine volle Wohnung lässt sich nicht übergeben. Auch die Abmeldung beim Bezirksamt in Neukölln war dringend, denn alle anderen Kündigungen erforderten die Abmeldebestätigung. Wichtig hingegen war mir, mich ordentlich zu verabschieden, meine Jägermeisterbar zu vererben und mich von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei ab- und bei Delete Blood Cancer anzumelden. Von allen bürokratischen Tätigkeiten war dies nicht die dringendste, aber eine der wichtigsten und reibungslosesten Abläufe.

Für alle Nichtauswanderer: Bei der DKMS registrieren:
1. Voraussetzungen überprüfen (Wohnsitz in Deutschland, zwischen 18 und 55 Jahre alt, nicht chronisch krank oder krebskrank, gesunde Körpergröße und Gewicht)
2. Angabe von Kontaktdaten
3. Abstrich von der Wangenschleimhaut machen

So meldet man sich von der DKMS ab und bei Delete Blood Cancer an:
1. Nachricht an service@dkms.de schicken und Typisierungsergebnisse anfordern.
2. Typisierungsergebnisse an justin@dkmsamericas.org senden und sich online bei Delete Blood Cancer DKMS registrieren.

Wie man eine Wohnung in Berlin loswird

Man könnte meinen, in Berlin gingen Wohnungen weg wie warme, glutenfreie Semmeln. Meine ehemalige Vermietungsgesellschaft – die mit den bunten Häuserfassaden in Neukölln – sah das scheinbar anders.

Wenig begeistert reagierte die Sachbearbeiterin #1 auf meine Kündigung Anfang Dezember, obwohl ich ihr versprach, schnellstmöglich einen Nachmieter zu suchen. Auf ihren Einwand, dass dies generell nicht üblich sei, entgegnete ich ihr, dass ich selbst Nachmieterin sei. 1:0 für mich.

Die gleiche Dame hatte ich beim Einzug vergeblich versucht, von Airbnb zu begeistern, aber trotz Verweis auf die Airbnb Gastgebergarantie lies sich da nichts machen. Man wolle keinen Präzedenzfall schaffen. Berlin zeigte sich wieder einmal von seiner umcharmanten bürokratischen Seite – ein Habitus, den man seit Mauerbau nicht abgelegt hatte. Auch nicht im Westen.

Nachdem Frau A. nach dem dritten Anlauf meine Kündigung akzeptierte, verwies sie mich auf eine andere Abteilung zwecks Prüfung der Nachmieter. Man wolle sich kulant zeigen, soll heißen: Sie zahlen bitteschön drei Monate weiter und dann schlagen wir vor in Kraft treten der bevorstehenden Mietpreisbremse noch mal ordentlich was drauf. 

Um einen Nachmieter zu finden, der sich bereit erklärte, möglichst viele Möbel zu übernehmen und ins Karma zu investieren, inserierte ich meine Wohnung zunächst nur im erweiterten Facebook-Freundeskreis. Dabei hatte ich übersehen, dass sich dort und in der Berliner Gründerszene auch Freiberufler, Berufsanfänger in der Probezeit und EU-Ausländer befinden. Das gefiel der kulanten Hausverwaltung jedoch gar nicht. Herr T. unterschlug systematisch Bewerbungen, sagte potenziellen Nachmietern ohne meine Kenntnis ab, legte Bewerbungsformulare auf den Stapel für eine andere freigewordene Wohnung im gleichen Haus und ließ sich immer wieder neue Kriterien einfallen, die nicht jeder normalsterbliche Mensch erfüllen kann: Nettoeinkommen mindestens 1.900 EUR/Monat, Bürgschaften, erhöhte Kaution, etc.

So langsam wurde ich nervös und begann meine Möbel auf ebay zu inserieren. Am Tag meiner Abschiedsparty vereinbarte ich vormittags einen Termin mit der Hausverwaltung zur Abnahme. Der Ansprechpartner kam mit Taschenlampe bewaffnet und leuchtete eine gute Stunde in jede Ecke und gab auch die kleinste Macke zu Protokoll. Endergebnis – wenig überraschend – alles müsse renoviert und gestrichen werden (inklusive Zimmerdecken). Unter besenreiner Überlassung einer kaum abgenutzten Wohnung verstand ich allerdings etwas anderes.

Am 23. Dezember konnte ich meinem Nachmieter die neue Warmmiete mitteilen, der Aufschlag hielt sich glücklicherweise in Grenzen, vermutlich, weil bereits bei mir und meinem Vormieter auf die durchschnittliche Neuköllner Miete aufgeschlagen wurde. Man würde sich zwecks Übergabetermin schnellstmöglich bei mir melden. In diesem Jahr würde das aber nichts mehr werden, wegen der Feiertage und so.

Als ich Berlin endgültig den Rücken kehrte, gab ich meine Schlüssel einer guten Freundin, die meinen Nachmieter über ihre Düsseldorf-Connection sogar über zwei Ecken kannte und verabschiedete mich schweren Herzens von meinem wunderschönen, riesengroßen Zuhause im Hipsterkiez.

Ich hörte erst wieder vom Übergabetermin, als dieser offiziell geplatzt war, da meine Vollmacht scheinbar fehlte. Ich gab klein bei, regelte die Übergabe mit meinem Nachmieter und schickte die Vollmacht hinterher. Glücklicherweise hielt ich mich zu dem Zeitpunkt in London auf und konnte unsere englische Marketingagentur davon überzeugen, ein Stück Papier nach Deutschland zu schicken, da die E-Mail dort noch nicht hinreichend verbreitet zu sein schien.

Nun galt es nur noch die Kaution zurückzubekommen. Diese darf bekanntlich nicht mit der ausstehenden Miete verrechnet werden. Die Vermieter machten dies natürlich trotzdem und behielten auch gleich den Februar mit ein, obwohl der Betrag bereits vom Nachmieter beglichen worden war. Netterweise hatte man mir in der Zwischenzeit eine neue Sachbearbeiterin zur Verfügung gestellt, die widerwillig die korrigierte Kaution – abzüglich der Januarmiete – überwies…

Koffer

Ich packe meinen Koffer und…

Wie packt man seine sieben Sachen der letzten 30 Jahre, die sich auf knappen 70 Quadratmetern angesammelt haben, in einen handlichen Koffer? Gar nicht.

Mein Plan war deshalb, meinen Ballast möglichst schnell auf ein Minimum zu reduzieren. Meine Ikea-Möbel verscherbelte ich mehr oder weniger erfolgreich bei ebay Kleinanzeigen, Klamotten, die ich lang nicht getragen hatte, brachte ich zum Recycling zu H&M, was ansehnlich und nützlich war, verschenkte ich an Friends und Family.

Mein Plan war es mit zwei Koffern und Handgepäck über den Atlantik zu fliegen. Den Rest sollten meine Eltern mir dann per Post hinterherschicken. Dies war die eindeutige Empfehlung von Lisa, die vor mir bereits nach San Francisco ausgewandert war. Sie wies mich ebenfalls darauf hin, dass ich aufgrund der unterschiedlichen Spannung meine Elektrogeräte in Deutschland lassen sollte. Ich trennte mich brav von allem, außer meinem Beamer, da mir mein Physikerfreund Markus versicherte, dass dieser neu genug sei und den Spannungsunterschied ausgleichen könne, wie sich später glücklicherweise als wahr herausstellte.

Als ich am 3. Januar in San Francisco landete, war ich meiner natürlichen Faulheit sehr dankbar. Ich hatte nach meinem Silvesterurlaub mein Handgepäck nämlich nicht umgepackt und war daher glücklicherweise im Besitz der nötigsten Dinge, da meine beiden Koffer es NICHT in die USA geschafft hatten und erst 2 Tage später eintrafen. Nachdem ich mich via Twitter und Telefon bei British Airways beschwert hatte – zunächst über den Verlust der Koffer, dann über die Beschädigung meines Riesenkoffers, wurden meine Rechnungen fürs Notfall-Shopping erstattet und einen neuen Koffer gab es auch.

Auch der Versand der Pakete sollte nicht reibungslos über die Bühne gehen. Ansonsten wäre dieser Blogeintrag auch zu langweilig geworden. Nachdem Mama und Papa den Großteil meiner ‘Auf jeden Fall’- und ‘Wenn’s noch reinpasst’-Haufen in zwei überdimensionale Pakete gestopft und dem DHL-Mann übergeben hatten, wartete ich ungeduldig auf die Ankunft meines Beamers und des restlichen Kleiderschranks. Das erste Paket kam exakt vier Wochen nach Versand, war von außen reichlich beschädigt, aber noch vollständig und der Beamer funktionierte mit Adapter wie vorhergesagt einwandfrei. Von Paket Nummer II war allerdings weit und breit keine Spur.

DHL wies Paket I trotz Erhalt online weiterhin als nicht zugestellt aus. Als ich eine Woche später das Gefühl hatte, fast jeden Tag das gleiche Outfit zu tragen, telefonierte ich mich bei DHL durch und wurde an USPS verwiesen. Man hatte dort angeblich versucht, das Paket außerhalb unserer Bürozeiten zu liefern. Ich müsse das Paket nun also selbst abholen kommen. Ironischerweise machte das Postamt bereits um 17 Uhr Feierabend. Dank Lyft Plus schaffte ich nun auch Nummer II nach Hause und freute mich beim Auspacken unter anderem über mein Ballkleid, mein Dirndl und den Skianzug. Ende gut, alles gut.

Versand:
Shipping mit DHL/USPS 
Sendung verfolgen DHL
Sendung verfolgen USPS

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Drei, zwei, eins… nee, doch nicht. Wie man mit ebay Kleinanzeigen so manches los wird und viel erlebt

Ich bin in den letzten Jahren oft umgezogen und habe immer eifrig ausgemistet. Spätestens seit ich für die Sharing Economy arbeite, sehe ich einen höheren Sinn, mich regelmäßig von Gegenständen zu befreien und sie mir nur dann zu leihen, wenn ich sie benötige. Da meine Vermietungsgesellschaft sich auch noch eine Woche vor meinem Auszug nicht auf einen Nachmieter geeinigt hatte, es mir wenig sinnvoll erschien, Ikeamöbel in die USA zu verschiffen und meine Eltern weder Platz noch Interesse an meiner Einrichtung zeigten, entschied ich mich kurzum meine Möbel via ebay Kleinanzeigen zu verkaufen. Ähnlich wie Joe aus Craigslist Joe, könnten meine Erlebnisse ein ganzes Buch füllen, anbei meine Highlights in Form von Tipps:

3, 2, 1… Zackig inserieren per App, später Fotos bearbeiten und hochladen.
Die ebay Kleinanzeigen App ist ziemlich cool. Mit wenigen Klicks kann man schnell inserieren. Wenn die Sachen nicht direkt weggehen, sollte man die Fotos noch mal mit einer anständigen Kamera knipsen oder nachbearbeiten, damit sie ansprechend wirken. Danke, Gabi.

(Erst) Wenn’s weg ist, ist’s weg. (Part I)
Paul interessierte sich für meinen schönen Küchentisch. Er kam mit seinem VW T5 und einem Freund vorbei und erklärte sich sogar bereit, das Sofa, das ich von Nina für mein Heimkino geliehen hatte, für 10€ in ihre Wohnung zu fahren und in den vierten Stock zu tragen. Danach kam er wieder und sammelte den Tisch ein. Ich ließ mich bei den Stühlen noch etwas runterhandeln, da ich froh war, alles loszuwerden. Paul und sein Freund trugen den Tisch raus. 5 Minuten später stand der Küchentisch allerdings schon wieder nass – draußen regnete es – in meiner Wohnung, da Paul eine Macke entdeckt hatte, die er nur im Tageslicht erkannt hatte. Danach habe ich mich entschieden, die Gegenstände erst bei ebay Kleinanzeigen zu entfernen, wenn sie wirklich weg waren und immer mehrere potenzielle Käufer warm gehalten. *Der Tisch ist übrigens immer noch zu haben.

(Erst) Wenn’s weg ist, ist’s weg. (Part II)
Ich bin am Tag nach meiner Abschiedsparty um halb 10 aufgestanden, da Madeleine den Kleiderschrank abholen wollte. Sie tauchte allerdings nie in Neukölln auf.

Madeleine

(Erst) Wenn’s weg ist, ist’s weg. (Part III)
Rose hatte dann doch keine Lust mehr auf den Backautomaten.

Rose

Nicht jede Anfrage muss beantwortet werden.

Chris

Was nicht passt, kann nicht passend gemacht werden.
Herr Möller wollte meinen 2,20m hohen Kleiderschrank für seine Tochter erwerben. Einziges Problem: Die Zimmerdecke endete bei 2m.

Zu zweit ist`s sicherer, Ladies.
Nachdem sich Daniel offenbar doch nicht für meinen Kleiderschrank interessierte und mir diese Nachricht schickte, habe ich Besichtigungstermine nur noch in Begleitung durchgezogen und seinen Account bei ebay Kleinanzeigen sperren lassen.

Daniel

Verschenken ist schöner als verkaufen. 
Am Ende habe ich mich entschieden, ein paar persönliche Gegenstände an meine Freunde zu geben. So ist meine Jägermeisterbar bei Nina sicher gut aufgehoben, Karolina hat sich über meinen Spiegel gefreut, Katharina denkt hoffentlich beim Stabmixen an mich, Olli hat meinen braunen Sessel geerbt und meine Palme wurde Kati getauft und wächst jetzt hoffentlich bei Til im Büro munter vor sich hin.

Sofa und Palme